Aicha Revellat
Doktorandin
Aicha Revellat
Philosophisch-Historische Fakultät
eikones – Zentrum für die Theorie und Geschichte des Bildes

Doktorandin

Rheinsprung 9/11
4051 Basel
Schweiz

Tel. +41 61 207 18 46
aicha.revellat@unibas.ch

Studium der Anglistik (BA) und Kunstgeschichte und Bildtheorie (MA) an der Universität Basel. 2017 wissenschaftliche Assistentin im Aargauer Kunsthaus. Seit 2014 Kunstvermittlerin im Schaulager (Laurenz-Stiftung) und im Kunstmuseum Basel. Seit 2021 Stipendiantin und Mitglied der eikones Graduate School.

Fragile Oberflächen, scharfe Kanten. Form und Orientierung in Hannah Villigers Praxis

Hannah Villiger (1951–1997) ist vor allem für ihre radikalen und ungeschönten Darstellungen des eigenen nackten Körpers in grossformatigen, als skulpturale Fotografien bezeichneten Werken bekannt. Diese Dissertation, betreut von Markus Klammer (Universität Basel) und Eva Ehninger (Humboldt-Universität zu Berlin), stellt die erste umfassende wissenschaftliche Untersuchung des Œuvres der Schweizer Künstlerin dar.

Die Analyse vereint phänomenologische Perspektiven mit medienhistorischen und weiteren bildtheoretischen Ansätzen, um Villigers Arbeitsprozesse und formale Strategien zu erfassen. Im Zentrum steht der Einsatz der Polaroidkamera, die sie ab 1980 hauptsächlich für fotografische Selbstporträts nutzte. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Haut der Künstlerin, ihr zentrales Motiv, das als Schlüssel zu einer weiterführenden Reflexion über die Oberflächen in ihrem Werk dient. Vegetabile Haut, fotografische Haut und Papier werden als fragile, durchlässige und von Brüchen gekennzeichnete Membranen interpretiert.

Villigers fotografische Installationen, bestehend aus ein bis zwanzig Einzelbildern, setzen fragmentierte Ansichten des Körpers zusammen. Die Zusammenführung dieser Fragmente zu neuen Konfigurationen, die sich vom klassischen Körperschema lösen und sich multidirektional über die Bildfläche ausdehnen, wird mit Sara Ahmeds Queer Phenomenology als Ausdruck alternativer Wahrnehmungsweisen gelesen, welche die vertikale, dominante, westlich-patriarchale Perspektive in Frage stellen.

Kunsthistorisch wird Villigers Praxis in Beziehung zu anderen Formen der Selbstfotografie gesetzt, etwa Xerox- und Fotoautomatenbildern, die in feministischen Kunstpraktiken der 1970er bis 1990er Jahre als direkte und zugängliche Medien verwendet wurden. Darüber hinaus wird ihr Einsatz der Sofortbildtechnik mit frühen Ansätzen der Video- und Feedbackkunst verglichen, in denen Künstlerinnen und Künstler die Unmittelbarkeit von Bildkorrektur und -manipulation erprobten.

Fragilität in Material, Medium und zeitlichen Prozessen erweist sich als konstitutives Element in Villigers Werk. Der multiperspektivische Ansatz der Studie trägt zu einer kritischen Neubewertung von Villigers Bedeutung innerhalb der schweizerischen und internationalen Entwicklungen in Fotografie und Skulptur seit den späten 1970er Jahren bei.

Projektbild

Hannah Villiger, Block XXXV, 1994, Four C-Prints of polaroids, mounted on aluminium, 258x254 cm. Courtesy: The Estate of Hannah Villiger

Projektbild

Hannah Villiger, Stadt/City 1994/95 Polaroids, mounted on cardboard, 19.5 x 8.8 cm Courtesy: The Estate of Hannah Villiger

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